Mittwoch, 19. April 2017

Warum mir als Continuationist Cessationisten wichtig sind

Um es gleich vorwegzunehmen: Ich bin Continuationist. Ich glaube und erlebe immer wieder, dass die Gaben des Heiligen Geistes nach wie vor unverändert vorhanden sind. In späteren Blogposts werde ich zunächst auf die Quellen eingehen, woher man das Wissen darum nehmen kann und danach die verschiedenen Argumente beider Seiten unter die Lupe nehmen. Heute möchte ich jedoch eine etwas persönlichere Einführung machen und ein wenig über mich und meine Wertschätzung für viele Cessationisten erzählen. Kurz nachdem ich zum Glauben kam, beschäftigte ich mich mit der Apostelgeschichte. Mir fiel auf, dass man so wenig von damals sehen konnte. Auf Nachfrage bei Geschwistern, die ich schätze, wurde mir dazu das Buch „Charismatic Chaos“ von John F. MacArthur ans Herz gelegt. MacArthur kannte ich da schon; er war neben C. H. Spurgeon mein erster Bibellehrer. Ich schätzte (und tue dies auch bis heute) den einfachen, klaren Stil von MacArthur. Umso enttäuschter war ich damals, dass dieser große Mann Gottes in dieser Frage einfach keine überzeugenden Antworten geben konnte. Er sprach zwar manches an, was nicht positiv verlief in der pfingstlich-charismatischen Bewegung, aber gerade auf die Fragen, die ich damals hatte, konnte er keine überzeugende Antwort geben. Jedenfalls blieben viele meiner Fragen offen; außerdem hat mich das Interesse gepackt, über den gemeindlichen Tellerrand hinauszublicken und neue Menschen und Gemeinden kennenzulernen.

So kam ich in den Genuss, verschiedene Veranstaltungen zu besuchen, in welchen einige neue Eindrücke auf mich niederprasselten. Nicht alle waren so völlig positiv; zum Beispiel der Umstand, dass meine (damals noch mittelgradige) Schwerhörigkeit mehrmals als Folge meines Unglaubens bezeichnet wurde, da sie auf Gebete hin nicht einfach verschwand. Oder da waren die Prediger, die an mir verzweifelten, weil ich auch unter starkem Druck von oben auf den Kopf oder an die Stirn nicht einfach nach hinten umfallen wollte. Aber diese Erlebnisse waren nicht einfach nur negativ; vielmehr stärkten sie mein Bewusstsein, dass es überall menschelt, wo Menschen zu finden sind. Viele Menschen, die ich an diesen zahlreichen Orten getroffen habe, wurden zu einem Geschenk für mich, weil sie mich im Glauben weiter brachten.

Und doch bin ich jetzt nicht einfach ein „Conti“, der auf alle „Cessis“ herunterblickt und dankt, nicht so wie die da zu sein. Vielmehr bin ich enorm dankbar, dass es in Gottes Reich, der Gemeinde, eine solche Vielfalt von Menschen gibt, die einander gegenseitig stärken und herausfordern. Was ich an vielen Cessationisten ganz besonders schätze, ist ihre Liebe zur Bibel, Gottes Wort. Einer der häufigsten Vorwürfe, die ein „Conti“ vom „Cessi“ bekommt, lautet: Für euch ist die Bibel zu wenig wertvoll, ihr wollt sie mit neueren Inhalten ergänzen! Dass das nicht stimmt, werde ich später noch aufzeigen, aber eines stimmt mich nachdenklich: Ich würde mir unter uns Pfingstlern und Charismatikern diese Liebe und Hingabe an Gottes Wort wünschen, darin uns viele Cessationisten ein großes Vorbild sein können.

Ein zweiter Punkt, den ich aufzählen möchte, ist der Platz, den die Predigt einnimmt. Für Cessationisten fällt anderes weg, was in unseren Gottesdiensten der Predigt unter Umständen zur Konkurrenz werden kann. Die Wichtigkeit der Predigt ist also etwas, wo wir uns auch eine große Scheibe abschneiden können. Gott sagt uns, dass der Glaube aus der Predigt kommt, und die Predigt aus Gottes Wort, der Bibel. Wenn wir also dem Glauben einen so hohen Stellenwert zusprechen, dann sollten wir das auch der Quelle des Glaubens tun, nämlich der bibeltreuen Predigt. Gott ist nicht gezwungen, auf unsere Predigt zu warten, um jemandem Glauben zu schenken, aber es ist gerade in unseren Breiten, wo die theologische Ausbildung und eine gute Übersetzung der Bibel recht verbreitet vorhanden sind, der Normalfall, dass Gott von uns erwartet, dass wir die von Ihm dazu bestimmten Mittel anwenden.

Nicht zuletzt bin ich aber auch dankbar, dass Cessationisten uns herausfordern, über unser Leben und unsere Veranstaltungen nachzudenken. Manches kann uns als hilfreiches Korrektiv dienen, auch wenn wir nicht alles eins zu eins so annehmen müssen oder können. Insgesamt ist es wichtig, dass man miteinander im Gespräch bleibt und sich auch von hin und wieder polemisch anmutenden Äußerungen nicht ins Bockshorn jagen lässt und damit den Kontakt abbricht. Viele Missverständnisse lassen sich auch in der gemeinsamen Beschäftigung ausräumen, und einiges, was nicht auf Missverständnissen beruht, lässt sich auch einfach ertragen (tolerieren). Vielleicht brauchen wir einfach alle mehr Mut, uns in Frage stellen zu lassen, ohne gleich widersprechen zu müssen. Auch das ist ein wertvolles Lernfeld. Es gibt nämlich tatsächlich einige Praktiken und Lehren in unserer Conti-Bewegung, die klar und deutlich angesprochen werden müssen, weil sie über das hinausgehen, was uns die Bibel sagt. Etwas ausführlicher möchte ich auf solche Dinge eingehen, wenn es um die verschiedenen Argumente geht. 

Insgesamt gesehen gibt es viele Gebiete des täglichen Lebens, in welchen „Cessis“ und „Contis“ gemeinsame Sache machen können. Beide brennen dafür, dass mehr Menschen den Herrn Jesus kennenlernen; und das ist eine gute Sache. Deshalb habe ich auch kein Problem, für die Gemeinden cessationistischer Prägung zu beten, dass sie mit viel Wachstum gesegnet werden. So viel muss an der Stelle gesagt werden. Und nun, liebe Cessationisten, wenn ich euch in den nächsten Teilen zur Rot- oder gar Weißglut treiben sollte, indem ich manche eurer Argumente systematisch zerlege, dann nehmt euch einen Moment Zeit und kehrt zu diesem Post zurück. Ich bin dankbar, dass es euch gibt.


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